Gut Eglsee Evangelisch

Die Familie Carl Beckmann stammt bekanntlich aus Südniedersachsen, Nordhessen, Rastenburg/Masuren, Potsdam bzw. Lübben im Spreewald, Marburg, Bremen und Rheinhessen. Die Familie hat dadurch immer ein protestantisches (insbesondere auch evangelisch-reformiertes) Selbstverständnis. Gut Eglsee wurde letztlich durch die „Familie Carl Beckmann in Bayern“ zu einer kleinen evangelisch geprägten Enklave. Das war und ist im katholischen Niederbayern sehr ungewöhnlich. Seit der Gegenreformation gab es nur in der Freien Reichsstadt Regensburg evangelische Bürger. Ab 1846 wurden immer wieder private evangelische Gottesdienste in Straubing gefeiert, aber erst im Jahr 1893 wurde die Christuskirche in Straubing gebaut, die durch die Bahnhofsnähe 1945 zerstört wurde. Deshalb fuhren die Vorfahren oft mit dem Pferdefuhrwerk – oder im Winter mit dem Schlitten – ins evangelische Ortenburg bei Passau; das Grafengeschlecht der Ortenburger ist stets evangelisch geblieben.

Auf Gut Eglsee gab es bis 1971 eine katholisch geweihte Kleinkirche. Dort fanden regelmäßig Andachten für die katholischen Landarbeiter statt. Als der Gemeindeverbindungsweg nach Straubing asphaltiert wurde, musste das Kirchlein weichen. Carl Heinrich (Carl III.) wollte das Gotteshaus wieder originalgetreu wenige Meter versetzt aufbauen – der Architekt und das Bauunternehmen waren schon beauftragt. Das Bistum Regensburg und die Stadt Straubing lehnten das Ansinnen aber ab.

2015 wurde von Carl Christian Beckmann (Carl V.) ein kleiner Runder Tisch mit der städtischen Bauverwaltung, der Geistlichkeit, Historikern, Künstlern, Archivaren und Architekten eingerichtet, wie mit den kirchlichen Utensilien verfahren werden könnte und wie eine moderne Kleinkirche aussehen könnte. 2019 wurde beschlossen, wieder ein Gotteshaus als Andachtsraum zu errichten.

Exakte Bestandszeichnungen des alten Kircherls bilden die Grundlage für eine beziehungsreiche Neuplanung. So wurde der Grundriss übernommen und im Aufriss die Umhüllungslinie als Höhenbegrenzung gezogen. Innerhalb dieser Grenzen sollte nicht ein historisierender Wiederaufbau geplant werden, sondern ein eigenständiger kleiner Sakralbau in zeitgemäßer moderner Formensprache. Absicht ist es, die horizontale Gestaltung des Vorgängerbaus mit einer vertikal betonten Bauform weiterzuentwickeln. Die äußeren Sitzmöglichkeiten im offenen, jedoch überdeckten Bereich sind neu. Die erhaltenen zwei grünen Rundfenster werden wieder verwendet. Der kleine Andachtsraum wird öffentlich zugänglich sein und soll einen Raum der Stille bieten; aber auch kirchlichen Feiern jedweder Konfession offen stehen. Besonders im Mittelpunkt steht natürlich der Erntedank. Die Materialgebung und Farbgestaltung bleibt dabei großteils angelehnt an die ehemalige Kleinkirche. Die Innenausstattung wird noch zu entwicklen sein; der Wiederaufbau soll im Jahr 2026 vollzogen werden. Der Bauantrag wurde 2022 genehmigt. Architekt ist Herr Dipl. Ing. Friedrich Herr.