Milchwerk Straubing
„Einem Gemeinschaftssinn nachgehend, fühlten sich die Landwirte des Gäubodens verpflichtet, dem Aufruf des Gründers und geistigen Vaters der Molkereigenossenschaft Straubing, Herrn Gutsbesitzer und Dipl.-Landwirt Carl Beckmann sen. Folge zu leisten“ und im Jahr 1934 das Milchwerk zu gründen. So steht es in der Chronik zum 25-jährigen Bestehen des Milchwerks im Jahr 1959.
Carl Eugen Beckmann (Carl II.) und seine Frau Elisabeth waren dem Genossenschaftswesen sehr zugeneigt. Neben der Gründung des Clubs der Landwirte Straubing und den Ehrenämtern in verschiedenen landwirtschaftlichen Verbänden hatten sie die Idee, die am Gut erzeugte Milch nicht mehr an unterschiedlichste Abnehmer zu liefern, sondern gemeinschaftlich weiterzuverarbeiten und somit die Milchversorgung in Straubing und Umgebung neu zu organisieren. Zudem steigerte sich in dieser Zeit die Milchviehhaltung und die Milchproduktion, da der zunehmende Zuckerrübenanbau mehr Futtermittel zur Verfügung stellte, gleichzeitig die Motorisierung der Landwirtschaft die Zugtiere verdrängte.
Am 11.11.1934 wurde die Genossenschaft von 94 Landwirten, die alle aus dem Gäuboden und dem Vorderen Bayerischen Wald kamen, gegründet. Carl Eugen Beckmann wurde zum Vorstandsvorsitzenden gewählt. Er hatte die schwere und langwierige Aufgabe, die Berufskollegen persönlich anzusprechen, um sie von einem Eintritt in die Genossenschaft zu überzeugen. Da die Investition für die Errichtung des Milchwerks hoch war und die Gründung daran zu scheitern drohte, bürgten Carl Eugen und Elisabeth mit ihrem gesamten Besitz für die Anschaffung der kompletten Ausstattung des Milchwerks.
Carl Eugen Beckmann war Gründungsvorsitzender, seine Stellvertreter waren die Landwirte Otto Schneider aus Straubing und Hans Witzmann aus Kagers. Sein Sohn Carl Heinrich übernahm in der Nachkriegszeit am 13.11.1946 den Vorstandsvorsitz erneut, seine Vertreter waren Gutsbesitzer Heinrich Müller, Oberast, und Ewald Grundler, Gut Einhausen. Den Aufsichtsratsposten übernahm der örtliche Bundestagsabgeordnete Josef Lermer aus Oberwalting.
Die ehemalige Straubinger Genossenschaft verfügte über eine hochmoderne Trinkmilchverarbeitung, Milchkühlung und -lagerung sowie eine automatische Verpackungslinie. In den Anlagen zur Verkäsung wurde vor allem Camembert, Brie und Chester hergestellt, mit dem das Milchwerk überregional bekannt wurde. Der Straubinger Stadtturm wurde zum Markenzeichen. So blieb der Erfolg nicht aus und die Milchanlieferung erhöhte sich von schon 2 Mio. kg im Jahr 1935 auf 29 Mio. kg im Jahr 1959. Die Genossenschaft hatte inzwischen 2500 Mitglieder und wurde zum Vorzeigebetrieb in ganz Bayern.
Als Carl Heinrich Beckmann (Carl III.) mit dem Milchwerk in Niederwinkling fusionieren wollte, scheiterte der Zusammenschluss an der Namensgebung: Die zwei Genossenschaften wurden sich nicht einig, ob das fusionierte Milchwerk Straubing-Niederwinkling oder Niederwinkling-Straubing heissen sollte. Da sich der Milchmarkt immer mehr spezialisierte, wäre es wichtig gewesen, sich mit einer breiteren Produktpalette aufzustellen. Im Jahr 2000 wurde die immer noch selbstständige Milchgenossenschaft Straubing in die Goldsteig-Gruppe aus Cham integriert, das Milchwerk an der Landshuter Straße 90 in Straubing aufgegeben und 2005 abgerissen.
Heute produziert Goldsteig an den Standorten Cham und Michaelsbuch mit 720 Mitarbeitern neben Hartkäse vor allem Mozzarella, Ricotta, Mascarpone und Butter sowie Milchpulver. Über 3000 Landwirte liefern im Jahr rund 890 Mio. kg Milch an. Die Strategie, die Eigenmarke aus dem bayerischen Wald auszubauen und auf genetisch verändertes Futter sowie auf Glyphosat zu verzichten, ist sicherlich im Sinne des Gründers.