Claas-Mähdrescher im Gäuboden
Der erste (gezogene) Mähdrescher (Mäh-Dresch-Binder) wurde 1938 auf Gut Eglsee getestet. Diese Kooperation mit dem Unternehmen Claas aus Harsewinkel war für den Gäuboden, der als Kornkammer Bayerns gilt, revolutionär. Zeitzeugen berichten von über 1000 Menschen, die auf Gut Eglsee diesen Mähdrescher am ersten Einsatztag bestaunten. Erst nach Kriegsende zog dann das Modell „Super“ auf den großen Gütern zwischen Regensburg und Künzing ein. Unzählige Vorführungen und Feldtage wurden auf Gut Eglsee veranstaltet. Bis heute noch gibt es einen freundschaftlichen Austausch zwischen der Familie Beckmann und Familie Claas in Ostwestfalen.
Bis es zu dieser Mechanisierung in der Agrarwirtschaft kam, wurde Getreide manuell in mehreren Arbeitsschritten geerntet. Zuerst wurde das Getreide mit Sensen gemäht, um es anschließend zu Garben auf dem Getreideacker zusammenzubinden. So konnte das Getreide weiter reifen und trocknen, um es im Anschluss auf dem Hof in der Tenne zu dreschen. Als nächster Arbeitsschritt wurde das Getreide durch Siebvorgänge gereinigt – lange Zeit alles in Handarbeit. Ab 1840 wurden primär auf den ostelbischen Rittergütern erste Dreschmaschinen aus England eingesetzt, die zumindest das aufwendige Dreschen auf dem Hof ersetzten.
Die erste richtige Mähmaschine wurde 1826 von dem Schotten Reverend Bell entwickelt. Mit der Erfindung des mechanischen Knoters wurde es 1857 möglich, erste Mähbinder zu bauen, die das Getreide vollmechanisiert zu Garben zu binden. Zunächst wurden diese Maschinen jedoch noch von Pferdegespannen gezogen und dabei über Maschinenräder angetrieben. In Deutschland entwickelte die Fa. Krupp in Essen erst 1927 einen ersten Prototyp.
Die Geburtsstunde des ersten vollautomatischen Mähdreschers hat dann 1936 im Münsterland bei der Fa. Claas stattgefunden. Dieser Querfluss-Mähdrescher mit Namen MDB war eine Kombination aus einem Selbstbinder und einem Dreschwerk, wobei das Dreschwerk zwischen dem Schneidwerk und dem Binder untergebracht war. Nach dem Schnitt wurde das Getreide über ein Fördertuch zur Dreschtrommel gebracht. Dort lenkte eine Förderkette das Stroh um und warf es auf den Schüttler. Im Anschluss durchlief das gewonnene Korn zwei Reinigungssegmente, bevor es auf dem Absackstand in Säcke gefüllt und das Stroh zu Bündeln zusammengefasst wurde.
Heute ist ein Mähdrescher eine hochkomplizierte elektronische Erntemaschine, die die Verfahrensschritte Mähen, Dreschen und Reinigen des Getreides komplett computergesteuert übernimmt. Eine Besonderheit kennt man aus dem Straßenverkehr: Das Schneidwerk hat eine Arbeitsbreite von 8 Metern, so dass dieses zur Straßenfahrt als Anhänger mitgeführt wird. Im Gäuboden gibt es kaum noch Großbetriebe, die einen eigenen Mähdrescher besitzen, da diese Maschinen inzwischen rund 400.000 Euro kosten. So sind immer mehr Lohnunternehmer entstanden, die für die Landwirte das Mähen und Dreschen übernehmen – nicht nur für Felder im Gäuboden, sondern auch im Tertiärhügelland oder beispielsweise in der Oberpfalz. So gelingt es, dass die Mähdrescher nicht nur wenige Tage im Einsatz sind, sondern von Anfang Juni bis Ende August. In den letzten Jahren wurden Mähdrescher entwickelt, die mit Hilfe von GPS-Daten Felder schon völlig selbstständig ernten können – die Kabine eines Mähdreschers mutet inzwischen eher einer Kommandozentrale an. Auch werden in Osteuropa erste Mähroboter erprobt, die überhaupt nicht mehr über eine Fahrerkabine verfügen.
Publikation: Maria Süß, Einsatz der ersten Mähdrescher im Gäuboden – Umsetzung, Organisation und die daraus resultierenden Veränderungen der niederbayerischen Gutsbetriebe unter besonderer Berücksichtigung von Gut Eglsee, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf 2015.
(einsehbar in der Bayerischen Staatsbibliothek, Straubinger Stadtbibliothek und Gutskontor Eglsee)